Diese Fotoserie zeigt den täglichen Arbeitsweg, den wir meist unbewusst begehen, obschon wir uns an vieles erinnern, das um uns passiert, wenn wir zum Büro, in die Fabrik, in die Schule oder in den Betrieb fahren oder spazieren. Meistens nehmen wir es nur begrenzt wahr, denn wir haben es eilig oder fühlen uns einfach als aussenstehende Zeugen.
Auf der Strecke werden wir immer wieder mit fremden Menschen konfrontiert und müssen alle möglichen Hindernisse der urbanen Welt überwinden: Strassen, Unterführungen, Brücken, Baustellen, Parks... Ausser der materiellen Welt durchqueren wir "Wolken" voller Gefühle und Gedanken, die sich mit unseren eigenen vermischen.
Die Zugfahrt in der Schweiz entspricht der Reise in der Petersburger Metro. Endloses Donnern und Rumoren zwischen grauen und lieblosen Stationen, die sich manchmal gleichen wie ein Ei dem anderen. In der Schweiz reiste ich vom Bauerndorf, wo sich morgens nach dem Regen machmal ein Regenbogen zeigte, in die Stadt. Stufenweise verfrachtete mich der Zug vom Dorf und den gründen Hügellandschaften in die streng strukturierte urbane Atmosphäre der Büros, Banken und Einkaufszentren.
Leider wird die scheinbar unberührte ländliche Schweiz immer stärker in das Netz der urbanen Welt gezogen. Das Grün von Vorstädten verdecken oft nur noch als plumpe Dekoration die Betongerippe von Autobahnen und Tunnels. Wo sind die Menschen vom Land geblieben, wo die echte Ruhe, die Stille, die hörbar ist?
Auf einem zweiminütigen Gang durch einen Petersburger Park kann ich Senioren beim Schachspiel, Grossmütter mit ihren Enkeln, Mütter beim Schwatz mit "schaukelndem" Kinderwagen und Teenager beim Spielen zuschauen. Pärchen und Schülergruppen bevölkern die Parkbänke, schwatzen, lachen und lärmen. Nicht immer sind die Gesichter glücklich - viele von ihnen sind wegen beengter Wohnverhältnisse gezwungen, sich im Freien aufzuhalten. Oft ist Kollege Alkohol mit von der Partie - öffentliches Trinken ist in Russland kein Tabu.
Lange, persönliche Telefongespräche werden beim Gang mit dem Hund erledigt, um keine unerwünschten Zuhörer zu haben, manche Männer- oder Frauen-Clique verbringt ihren Feierabend mit einer Büchse Bier in der Hand auf der Bank neben dem Kinderspielplatz. Die Luft ist voller Geflüster, Gespräch, Rufen, Schreien und Blicken. Es lebt. Oft erlebe ich Situationen, die während des ganzen Tags beschäftigen.
Text von Eugen von Arb
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